Strafrecht Anwalt

Wird Niesen oder Husten zur Straftat?!

Muss ich mir Gedanken machen, wenn ich niese oder huste?

Kurze, knappe Antwort: Nein, das reine Husten oder Niesen wird keine Probleme ergeben.

Problematisch könnte aber Folgendes werden:
Ganz grundsätzlich ist es ja sehr unhöflich, jemanden anzuhusten oder gar anzuniesen. 
Aufgrund der derzeitigen Pandemie mit dem Corona Virus, beziehungsweise genauer gesagt COVID-19, könnte die Sache jedoch nicht nur unhöflich sein, sondern könnte Ihnen unter Umständen sogar Probleme mit der Justiz bereiten. 

Dem liegt selbstverständlich die Annahme zugrunde, dass Sie selbst positiv auf Corona/COVID-19 getestet wurden.

Warum das so ist und was auf Sie zukommen könnte, erfahren Sie im folgenden Text:

Vorsätzliche Körperverletzung, § 223 StGB

Die Körperverletzung nach § 223 StGB begeht, wer eine andere Person misshandelt oder in ihrer Gesundheit schädigt. Eine Misshandlung ist dabei jede unangemessene, üble Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden in nicht nur unerheblicher Weise beeinträchtigt. Eine Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn durch die Tathandlung ein pathologischer, also ein krankhafter Zustand herbeigeführt wurde.

Nach dem derzeitigen Stand wird der Corona Virus/COVID-19 durch Tröpfchen übertragen.

So liegt es nahe, dass durch ein Anhusten oder ein Anniesen eine andere Person mit dem Corona Virus angesteckt werden könnte und somit eine Gesundheitsschädigung eintritt. Diese Gesundheitsschädigung macht sich meinst in Form der typischen Krankheitssymptome wie Husten oder Fieber bemerkbar bis hin zur akuten Atemnot. 

Der Tatbestand der Körperverletzung erfordert weiter, dass die Tathandlung auch kausal für den Erfolg sein muss. Mit anderen Worten heißt das, dass das Anniesen oder Anhusten auch zwingend zu der Infizierung der anderen geführt haben muss. Dies wird eine Frage der Nachweisbarkeit sein und wird im Fall der Fälle sicherlich genauer unter die Lupe zu nehmen sein. 

Letztlich muss auch ein Verletzungsvorsatz vorliegen. Ausreichend ist hier bereits der sog. bedingte Vorsatz, d.h. die Person muss die andere Person nicht zwingend absichtlich anstecken wollen, muss es aber zumindest billigend in Kauf nehmen, dass sich die andere Person infiziert. Probleme ergeben sich hier bei der Unterscheidung zwischen bedingten Vorsatz und der sog. bewussten Fahrlässigkeit. Unter welchen genauen Voraussetzungen was vorliegt, wurde lange unter Juristen diskutiert und ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt. Ganz vereinfacht zusammengefasst lässt es sich so erklären:
  • Bedingter Vorsatz: Der Täter weiß um die Gefährlichkeit seiner Handlung, findet sich aber im Sinne eines "Ich hoffe zwar, dass nichts passiert, aber wenn ist es mir auch egal" mit dem Erfolg ab.
  • Bewusste Fahrlässigkeit: Der Täter weiß um die Gefährlichkeit, vertraut aber im Sinne eines "Es wird schon gut gehen" auf das Ausbleiben des Eintritt des Erfolges. 

Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB

Die gefährliche Körperverletzung ist in § 224 StGB geregelt. Sie sieht einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vor. Durch ein Anhusten oder ein Anniesen wird in der Regel nicht nur der Grundtatbestand, also die "normale" Körperverletzung begangen, sondern ganz regelmäßig durch die Begehungsweise auch eine der folgenden Qualifikationen:

Durch Beibringung von Gift oder anderen gefährlichen Stoffen, § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Fraglich ist tatsächlich, ob der Corona Virus oder COVIS-19 Gift oder einen anderen gefährlichen Stoff darstellt?

Nach der herrschenden Definition ist Gift jeder organische oder anorganische Stoff, der im Einzelfall nach seiner Art, der beigebrachten Menge, der Art der Beibringung oder der Konstitution des Opfers durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu beschädigen geeignet ist.
Nicht als Gifte einzustufen sind Viren und Bakterien, denn Krankheitserreger als Lebewesen sind keine Stoffe. Der Corona Virus wird also zumindest nicht als Gift gesehen.

Unter einem gefährlichen Stoff sind Stoffe zu verstehen, die sich von selbst auf mechanische oder thermische Weise nachteilig auf die Gesundheit des Menschen auswirken, dem sie beigebracht werden, ohne dass es auf die Entfaltung von Bewegungsenergie ankommt, wie beim Schlagen, Stechen oder Schneiden mit einem gefährlichen Werkzeug. 

Die herrschende Meinung stuft dabei Viren oder Bakterien als gesundheitsschädliche Stoffe ein, so beispielsweise auch den HI-Virus. Für den Corona Virus bzw. COVID-19 dürfte daher nichts anderes gelten.

Der gefährliche Stoff muss auch beigebracht werden. Dies ist der Fall, wenn er mit dem Körper des Opfers derart verbunden wird, dass er dort eine gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet. Ausreichend ist bereit die einmalige Verabreichung. Die Beibringen des Stoffes kann u.a. durch die Einbringung des Stoffes in Körperöffnungen geschehen.
Das bedeutet nichts anderes, als dass bereits durch das Anhusten, d.h. das verbreiten von Viren durch Tröpfen, ein Beibringen vorliegt, wenn die Tröpfen in das Körperinnere der anderen Person gelangen. 

Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung, § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB

Für die Annahme einer lebensgefährlichen Behandlung genügt nach der Rechtsprechung die objektive Eignung der Behandlung zur Lebensgefährdung, d.h. es reicht bereits aus, wenn die Handlung lediglich abstrakt lebensbedrohlich ist.

Nach der herrschenden Meinung war auch die Infektion mit HIV durch ungeschützten Sexualverkehr oder Verabreichung einer Injektion mittels einer ungereinigten Spritze im Drogenmilieu eine das Leben gefährdende Behandlung, weil die Infektion zum Ausbruch der unheilbaren Immunschwächekrankheit Aids geführt hat. Ob dies heute noch so ist, darf bezweifelt werden, da in jüngster Zeit bahnbrechende Erfolge im Bereich der AIDS Forschung gefeiert werden konnten und eine Ansteckung mit dem HI-Virus nicht mehr gleichbedeutend mit einem Todesurteil ist.
Wie sich das derzeit mit dem Corona-Virus/COVID-19 verhält, ist fraglich. Aktuell gibt es wohl weder Heilmittel noch eine entsprechende Impfung. Andererseits verlaufen die weitaus meisten Fälle nicht tödlich, so dass man sich schwer tut von einer abstrakten Lebensbedrohlichkeit zu sprechen. Der Unterschied zum HI-Virus liegt darin, dass dieses unabhängig vom Alter und der körperlichen Verfassung früher in jedem Fall tödlich endete. Beim Corona Virus treten bei den meisten Fällen lediglich grippeähnliche Symptome auf. 
Wie sich dies entwickelt wird sich zeigen. Im Zweifel wird daher eher nicht von einer lebensbedrohlichen Behandlung auszugehen sein. 

Fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB

Eine fahrlässige Körperverletzung liegt vor, wenn durch das Außeracht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der tatbestandliche Erfolg eingetreten ist und der Täter dies aufgrund seiner kognitiven Fähigkeiten auch hätte erkennen können. 

Letztlich heißt das nichts anderes, als dass Sie es hätten wissen müssen, dass ein Anhusten oder ein Anniesen eines anderen, zu einer Infizierung desjenigen führen kann. Entscheidend ist aber, dass Sie dies nicht absichtlich gemacht haben, sondern dies aus Unachtsamkeit o.ä. geschehen ist.

Zusammenfassung

Wissen Sie also um den Umstand, dass Sie mit Corona/COVID-19 infiziert sind und husten beziehungsweise niesen bewusst oder zumindest fahrlässig eine andere Person an, die sich in der Folge durch Ihr Anhusten oder Anniesen ebenfalls infiziert, haben Sie sich unter Umständen strafbar gemacht.

Ob dies dann tatsächlich zu einer Verurteilung führen wird, ist natürlich beim jeweiligen Einzelfass gesondert zu prüfen. 
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